Gebäude und Geschichte der Universität Vilnius

Der Gebäudekomplex der Universität Vilnius ist ein einzigartiges Ensemble innerhalb der Altstadt von Vilnius. Er entstand im Zeitraum zwischen dem 15. und dem 19. Jahrhundert und hat die Hauptstile der damals in Litauen vorherrschenden Architektur bis heute erhalten. Die Universität Vilnius wirkt als eine der wenigen alten europäischen Universitäten noch heute in ihren ursprünglichen Räumen.

Die Entstehung des Universitätskomplexes begann im 16. Jahrhundert in einem Viertel aus gemauerten Gebäuden, das von vier Straßen begrenzt wird: der Universiteto, der Šv. Jono, der Pilies und der Skapo. Bischof Valerianus Protasevicius, treibende Kraft bei der Gründung des Vilniusser Jesuitenkollegs, kaufte für das Kollegium einige Häuser neben seiner Residenz. Eines der zuerst erstandenen Gebäude war der prachtvolle gotische Palast des Sekretärs des Großfürstentums Litauen Mikalojus Jasinskis, von dem der Jesuiten-Provinzial Lorenzo Maggio in einem Brief nach Rom schrieb, es sei der drittschönste Palast in Vilnius (nach der Unteren Burg und dem Bischofspalast), und keines der Kollegien in Italien besitze solch prächtige Gebäude. Hier lagen Auditorien, Mönchszellen und Wohnungen. Die gotischen Gewölbe sind erhalten geblieben; um sie freizulegen, müssten jedoch die Wände verstärkt werden. Von der Universiteto-Straße aus sind die gotischen Fensterumrandungen zu sehen. Im Putz der Wand erkennt man deutlich das Tor, das einmal den Haupteingang zum Kollegium bildete, sowie Spuren zweier früher angrenzender Gebäude.

Nach der Gründung des Kollegiums und der Bibliothek 1570 wurden weitere angrenzende Gebäude erworben. 1571 fiel auch die Johanneskirche mit dem Pfarrhaus an die Jesuiten. Die heutigen Gebäude um den Großen Hof, den Sarbievijus-Hof sowie um die Höfe des Observatoriums und der Bibliothek gehörten dem Jesuitenorden schon seit der Gründung der Universität, während die anderen
Gebäude größtenteils erst viel später hinzukamen. Der Observatoriumshof hieß zu Zeiten der Jesuiten Kollegienhof. Hier liegen die Anfänge des Universitäts-Ensembles. Die Gebäude an der Ost- und Westseite des Hofes wurden nach einem Brand im 17. Jahrhundert mit offenen Bogengalerien ausgestattet, die im 19. Jahrhundert, ebenso wie im Großen Hof, geschlossen wurden.
Es dominiert das Gebäude der Sternwarte mit seinem klassizistischem Anbau, der mit einem Sternzeichenfries verziert ist. Der Anbau, der sich an das barocke Gebäude anlehnt, wurde für schweres astronomisches Gerät ausgelegt. Der ursprüngliche barocke Bau hat heute nur noch einen der beiden ehemaligen prächtigen Observatoriumstürme vorzuweisen; an dem Turm prangt das Familienwappen von Bischof Valerianus Protasevicius. Im südlichen Gebäude hatten die Jesuiten eine Apotheke mit Heilpflanzengarten im Innenhof eingerichtet; Professoren, Studenten und Stadtbürger konnten sich hier behandeln lassen.

Die Geschichte der Vilniusser Universität: Nicht wenige Absolventen der Universität aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts beschreiben in ihren Memoiren, wie die Stadt nach dem Rhythmus der Universität lebte: in der Prüfungszeit nahm die Besucherzahl der Wirtshäuser stark ab, die Straßen leerten sich, das Leben in der Stadt erstarb… In der Geschichte von Vilnius waren die Studenten der Akademie nicht nur für ihr Wissen, ihre Kreativität und Originalität bekannt, sondern auch für ihre Streiche, ihre Schelmereien und ihren unruhigen Geist. Die Bürger beklagten sich wiederholt über sie beim Rektor, bei der Obrigkeit und sogar beim König.

Die Studentenschaft war zu allen Zeiten eine besondere Gesellschaftsschicht, die auf soziale und politische Veränderungen aktiv reagierte. Die Studenten der Universität Vilnius machten im ganzen russischen Reich von sich reden, als die Zarenregierung 1823 begann, Mitglieder geheimer Organisationen zu verfolgen und festzunehmen. Ein ehemaliger Student der Universität schreibt in
seinen Erinnerungen von russischen Soldaten, die nach Vilnius kamen und Passanten nach der schrecklichen Universitäts-Festung fragten, wo sich 40.000 Aufständische verschanzt hätten…

Heute ist die Universität Vilnius nicht nur Litauens größtes Zentrum für Wissenschaft und Lehre mit großem Einfluss auf das kulturelle Leben der Stadt Vilnius, sondern auch eine der touristischen Sehenswürdigkeiten, Hauptattraktion und Pflichtbesuch für jeden offiziellen Gast der Stadt. Auch als Ort für Großveranstaltungen erfreut sich das Ensemble der Universität bei den Vilniusser Bürgern großer Beliebtheit. Es ist Schauplatz des Festivals „Frühling der Poesie“, der Konzerte des Vilniusser Musikfestivals, Aufführungen und Festlichkeiten des internationalen Folklorefestivals „Skamba, skamba kankliai“ und viele andere Feste und Festivals.

Universität von Vilnius

Universität von Vilnius
Universität von Vilnius neben dem Präsidentenpalast. (c) Stadt Vilnius, Baltikum Tourismus Zentrale

Die Universität Vilnius ist die älteste und größte Hochschule Litauens, eine Quelle des wissenschaftlichen und kulturellen Fortschritts sowohl für Litauen als auch für die benachbarten Länder. Diese Einrichtung bildet schon seit über 400 Jahren die Bildungselite Litauens heran. Viele Persönlichkeiten, die sowohl in Litauen als auch in Europa und der ganzen Welt berühmt wurden, haben hier studiert und gearbeitet: der Dichter Mathias Casimirus Sarbievius, die Ärzte Józef Frank und Johann Peter Frank, der Dichter Adam Mickiewicz, der Historiker Simonas Daukantas sowie der Schriftsteller und Nobelpreisträger Czesuaw Miuosz.

Die Universität Vilnius ist zu Recht stolz auf ihre einzigartige Architektur, die alte Bibliothek und die Museen mit ihren umfangreichen Wissenschafts-, Kultur- und Kunstschätzen. Viele Stücke sind von unschätzbarem Wert für die Kultur Litauens, Europas, ja der Welt. Man denke nur an die einzige in Litauen befindliche Ausgabe des ersten litauischen Buches, des „Katechismus“ von Martynas Mažvydas. Nicht von ungefähr steht das Ensemble der Universität Vilnius im Brüsseler Park „Mini Europa“, wo alle Länder der EU ihre berühmtesten Architekturdenkmäler vorstellen, stellvertretend für Litauen. Nachfolgend die Gebäude und die Geschichte der Universität.

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