Christlich geprägte Schöpfermythen

Die Charaktere aus dem Neuen Testament (Maria, Jesus und Petrus) sind jedenfalls jünger als die traditionellen Darstellungen von Gott und velnias. In einigen Sagen haben Maria und Jesus Gott ersetzt, während velnias Rolle von Petrus übernommen wurde, doch der Inhalt blieb relativ unverändert. So kommt es, dass Petrus kein positiver Charakter ist und den Narren gibt.

Einige Beispiele: Gott gab dem Mann Überlegenheit, doch Petrus wollte sie den Frauen zusprechen. So kam es, dass eine Frau ihn verprügelte und ihm die Haare ausriss, weshalb er jetzt eine Glatze hat.

Gott befahl Petrus, eine alte Frau und einen velnias zu trennen, die miteinander kämpften. Petrus schlug ihnen die Köpfe ab – und als er versuchte, sie wieder anzubringen, verwechselte er sie.

Gott befahl Petrus, den Menschen Regen zu bringen, wenn sie darum bitten, doch Petrus gab ihnen Regen während der Heuernte.

Als Ergebnis der Handlungen von Gott, velnias und den anderen Charakteren nimmt die Welt ihre heutige Form an, was am Ende immer erwähnt wird. „Seit dieser Zeit ist die Sonne nur noch tagsüber zu sehen und der Mond und die Sterne scheinen nachts.“ „Und so steht die Sonne bis heute am Himmel.“ „Und deshalb hat der Strandläufer heute keinen Schwanz, und die Bachstelze fliegt umher und präsentiert stolz ihre Schwanzfedern.“ Am Ende eines Schöpfungsmythos steht somit immer eine geordnete, vollständige Welt, auch wenn sie nicht im Detail beschrieben wird.

Andere mythische Schöpfer

Sagen mit Gott und velnias sind die beliebten „Klassiker“ unter den litauischen Schöpfungsmythen, es gibt jedoch auch welche, in denen personifizierte Himmelskörper (Sonne, Mond, Erde), Perkunas (der Donnergott und mystische Schmied), der Riese Spjudas, der erste Mensch Adam, Noah, Maria (die Gottesmutter), Jesus, die Heiligen, normale Menschen, wilde Tiere, Nutztiere, Vögel und Pflanzen vorkommen. Je nach Geschichte handeln sie bewusst und zielstrebig oder auch nicht.

Einige Beispiele: Perkunas sehnte sich nach Licht, verbrachte sechs Jahre damit, die Sonne zu schmieden, stieg auf das Dach des höchsten Hauses und warf sie an den Himmel.

Sonne und Mond lagen im Streit um die Erde, deshalb entschied Perkunas, dass die Sonne ihre Tochter Erde bei Tag beschützen solle und der Mond bei Nacht.

Um ein faules Pferd zu bestrafen, entschieden Maria und Jesus, dass es immer grasen und doch nie satt werden solle. Sie dankten dem Haselbusch, indem sie ihm herunterhängende Zweige schenkten, sie belohnten einen guten Bauern, indem sie seine Handschuhe in eine Katze verwandelte, die für ihn die Mäuse jagte.

Als Adam spazieren ging, entstanden aus seinen Fußstapfen Berge, doch wo er nicht hintrat, Sümpfe und unfruchtbares Land.

Als ein Band um ein Fass Noahs brach, verwandelte es sich in den Regenbogen.

Die Sonne fiel von einem Esel, versuchte sich an den Ohren festzuhalten und zog sie dabei lang, außerdem hinterließ sie einen Streifen auf seinem Rücken.

Da all diese Charaktere dieselbe Funktion erfüllen wie Gott und velnias, lässt sich ihre gemeinsame Abstammung leicht herleiten. Die personifizierten Himmelskörper, Perkunas, der Schmied, und der Riese Spjudas gehören alle zu einer frühen Periode der Mythologie, die vom Christentum nicht berührt wurde. Sie sind damit möglicherweise noch älter als die Sagen mit Gott und velnias. Allerdings gibt es nur sehr wenige Aufzeichnungen dieser vereinzelten archaischen Mythen, und ihre Authentizität ist nicht belegt. Möglicherweise wurden sie erst später unter Verwendung der alten Bilder geschaffen.

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