Litauen: ein Land mit einer facettenreichen Geschichte

Erst seit einem Jahrhundert – nach dem Ende der russischen Fremdherrschaft – ist Litauen unabhängig. Nichtsdestotrotz weist das baltische Land eine äußerst wechselvolle Geschichte auf. Diese können die Gäste im Rahmen einer Rundreise durch das Land hautnah erleben. Das gilt insbesondere für die Hauptstadt Vilnius.

Vilnius Kirche

In Litauen spiegelt sich die Geschichte des Landes in vielen Gebäuden wieder.

Vilnius: eine Stadt mit Geschichte

In der Hauptstadt Vilnius beispielsweise gibt es kaum eine Gasse oder ein Haus ohne Geschichte. Beispielsweise wählte der litauische Landesrat im Juli 1918 Herzog Wilhelm von Urach zum König, weil das Deutsche Reich aus Litauen einen Satellitenstaat machen wollte. Doch es sollte anders kommen, weil Litauen eine Republik wurde.

In den folgenden Jahrzehnten war Vilnius zunächst von den Polen, später von der Roten Armee und während des Zweiten Weltkrieges von den Deutschen besetzt. Schließlich marschierte die Rote Armee erneut ein und Litauen erklärte sich 1990 zum zweiten Mal für unabhängig. Zeugen dieser Vergangenheit finden die Besucher von Vilnius heute noch rund um die Philharmonie, wo 1918 die Unabhängigkeit erklärt wurde, in Form von zahlreichen Bürgerhäusern, Kirchen sowie Klostergärten.

Die Gotteshäuser Litauens

Erst 1413 war Litauen christianisiert worden, wobei der Katholizismus über Jahrhunderte hinweg das Leben und den Baustil der Kirchen prägte. Erst unter russischer Herrschaft wurden auch zahlreiche orthodoxe Kirchen errichtet. Natürlich hat auch jede Kirche Litauens ihre ganz besondere Geschichte. Beispielsweise befindet sich in der Torkapelle ein Bildnis der Schwarzen Madonna, welches als wundertätig verehrt wird. Als äußerst sehenswert gilt ferner die St. Annen-Kirche, die im Stil der Gotik mit zahlreichen Türmchen und Erkern errichtet wurde. Von diesem Gotteshaus war selbst Kaiser Napoleon begeistert, als er sie beim Marsch gegen Russland 1812 erblickt hatte.

Die Totenklage

Die Tradition, bei einer Beerdigung religiöse Lieder zu singen, wurde von der Kirche eingeführt und sollte die Totenklage ersetzen, die erstmals als baltischer Brauch im 13. Jahrhundert in den Livonischen Chroniken erwähnt wird und wahrscheinlich gleichzeitig mit dem Glauben an ein Jenseits entstand. 1426 verbot M. Jungë den Litauern in Ostpreußen dieses Trauerritual; wer nicht gehorchte, wurde mit Geldstrafen belangt. Auch 1638 tauchen in den Kirchenannalen in Isrutis Anweisungen auf, Missachtung des Totenklage-Verbots zu bestrafen, denn die Litauer waren dazu übergangen, die Totenklage Bettlern und Propheten zu übertragen, denen sie dafür Fleisch, Brot, Korn, Kleider und andere Gegenleistungen gaben. Im 19. Jahrhundert beschreibt L. Jucevièius die Totenklage in Samogitia so: „Ein weibliches Familienmitglied betrauert laut den Toten und zählt all seine Tugenden auf. Wenn sich in der Familie keine Klageperson findet, wird ein Außenstehender gebeten.“ In Südostlitauen gibt es in einigen Orten die Totenklage heute noch.

Beim Waschen und Ankleiden des Toten und in Pausen zwischen Liedern wurde der Tote offen beweint. Besonders tiefe Trauer herrschte, wenn der Tote in den Sarg gelegt wurde, beim Verlassen des Hauses und beim Absenken des Sargs ins Grab. Bei der Klage wurden die guten Taten des Toten und die wichtigsten Ereignisse in seinem Leben aufgezählt und das traurige Schicksal seiner verwaisten Kinder beschrieben. Klagepersonen verabschiedeten sich im Namen des Toten von Verwandten, Freunden und seinem Zuhause. Wesentliche Elemente der Totenklage waren Liebe und Dankbarkeit gegenüber dem Toten. Man bat ihn, die Familie nicht zu vergessen, sie zu besuchen, sie zu verteidigen und beschützen. Dafür wurde die direkte Anrede gewählt, da man glaubte, dass die Seele während aller Totenriten nahe beim Körper bleibt und alles hören und sehen kann.

Nach der litauischen Tradition wurde der Tote erst kurz vor der Bestattung auf dem Friedhof in den Sarg gelegt. Archäologische und schriftliche Quellen zeigen, dass die Litauer den Sarg für das Zuhause nach dem Tod hielten, daher wurden Särge bequem und anheimelnd gestaltet, indem man sie mit weißem Tuch ausschlug und heilige Kräuter beigab. Bis zum 20. Jahrhundert wurden dem Toten auch Werkzeuge und andere Gegenstände mitgegeben, damit er im Jenseits alles hatte, was er brauchte. Heutzutage legt man nur noch religiöse Symbole wie Rosenkränze und Heiligenbilder in den Sarg.

Nach dem alten Glauben bedeutete die Einsargung des Toten die endgültige Trennung von den Lebenden, da er nun nicht mehr alles hören und sehen konnte, was um ihn herum geschah. Nachdem der Tote in den Sarg gelegt worden war, wurde er ohne weitere Verzögerung zum Friedhof gebracht, da sonst die Gefahr bestand, dass es weitere Tode in der Familie gab. Aus demselben Grund wurden auch alle Aufbahrungs- und Trauergegenstände sofort entfernt.

In alter Zeit fand die Beerdigung traditionell nachmittags statt, zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs. Im 18. Jahrhundert wehrten sich die Litauer lange gegen die Einmischung der Kirche in die überlieferten Totenriten. Erst als die Kirche zu Beginn des 19. Jahrhunderts durchsetzte, Totenmessen in der Kirche und Bestattungen in geweihtem Boden auf Kirchhöfen durchzuführen, wurden Beerdigungen auf den Vormittag verlegt. Überall dort, wo die Toten auf ungeweihten Dorffriedhöfen bestattet werden, findet das Begräbnis immer noch am Nachmittag statt. Man sagt, dass der rechte Zeitpunkt gekommen ist, wenn die Sonne tief am Himmel steht.

Ein weiterer Begräbnisritus besteht darin, drei Handvoll Erde über den Sarg zu streuen, wenn er ins Grab gelassen wurde. Damit wünscht man dem Toten ewigen Frieden, es ist der letzte Abschiedsgruß, dem man ihm geben kann. Nach den Lehren der katholischen Kirche soll es die Lebenden daran erinnern, dass sie „vom Staub sind und zum Staub zurückkehren werden“. Doch die Geste ist viel älter und geht auf ein altes magisches Ritual zurück, mit dem man die Seele des Toten aus dem Reich der Lebenden verjagte, damit sie niemanden ängstigt.

Bräuche & Traditionen in Litauen
Litauische Hochzeit | Beerdigungsriten | Totenklage | Leichenschmaus & Seelenmahl

Die traditionelle litauische Hochzeit

In Litauen liefen Hochzeiten immer nach bestimmten, national geprägten Bräuchen, Riten und Zeremonien ab, die jahrhundertelang von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Erst sich wandelnde ethnische und moralische Ansichten, Lebenspläne und materielle Schwierigkeiten haben über die Jahre etwas daran geändert.

Aus historischen Quellen geht hervor, dass in Litauen nicht der Vater eine Braut für seinen Sohn aussuchte, sondern eine/n Ehestifter/in dafür beauftragte. In der Vermittlungsphase wurden die jungen Leute einander vorgestellt und lernten sich kennen. Der Ehestifter handelte auch die angemessene Mitgift mit den Eltern der Braut aus. Diese erste Hochzeitsphase dauerte unterschiedlich lang, war jedoch von diversen traditionellen Riten geprägt, die in einem bestimmten zeitlichen Ablauf durchgeführt wurden.

Der zweite Teil war die Hochzeit selbst, die folgende Stufen umfasste:

  1. Vorabend der Hochzeit
  2. das Ritual am Morgen der Hochzeit, bevor es zur Kirche ging
  3. Rituale im Haus der Braut, bevor sie eine Schwiegertochter wurde
  4. offizielle Anerkennung als Schwiegertochter
  5. Empfang der Braut im Haus des Bräutigams
  6. Aufnahme der Braut in die Familie und Dorfgemeinschaft des Bräutigams

Der dritte Teil der Hochzeit bestand aus dem Gegenbesuch des jungen Paares im Haus der Braut, bei dem die Mitgift übergeben wurde.

Die Riten zur Ehestiftung und der Gegenbesuch fanden im Kreis der Familie statt, während die Hochzeitszeremonie, bei der die Ehe geschlossen und legalisiert wurde, ein öffentliches Ereignis unter Teilnahme der Dorfgemeinschaft und somit eine Feier für alle war.

Bei traditionellen Hochzeiten wechseln sich spirituelle und spielerische Elemente ab, von denen einige zwingend erforderlich und andere freiwillig sind. Trotz vieler Änderungen werden auch heute noch Hochzeiten in Litauen nach traditionellem Vorbild gefeiert. Siehe auch: Litauische Frauen und ihre Gewohnheiten.

Eine litauische Hochzeit bringt ebenfalls einige althergebrachte Traditionen mit sich. So ist es auch in Litauen üblich, dass man Junggesellenabschied vor der Hochzeit feiert, und Braut und Bräutigam standesgemäß in den Bund der Ehe entlässt.

Bräuche & Traditionen in Litauen
Litauische Hochzeit | Beerdigungsriten | Totenklage | Leichenschmaus & Seelenmahl

Kirche des Heiligen Johannes in Plunge

Kirche des Heiligen Johannes in Plunge
Kirche des Heiligen Johannes

Der Hauptakzent der Altstadt von Plunge ist die Kirche des Heiligen Johannes des Täufers. Die Kirche wurde im neoromanischen Stil, kreuzförmig, mit Doppelturmfasade gebaut, der Kirchhof ist mit einer Mauer umgeschlungen.

Der Bau dieser Kirche wurde im Jahre 1933 beendet und dauerte 28 Jahre. Die erste hölzerne Kirche wurde schon 1797 errichtet. Seit 1806 gehörte Plunge den Grafen Zubovai. Graf Zubovas ließ 1850 einen Glockenturm und 1858 eine Friedhofskapelle bauen.

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