Festivalsommer in Litauen

In Vilnius sind es derzeit zwischen 25 und 30 Grad. Die Tage sind warm, hell und lang. Erst gegen 10 Uhr geht langsam die Sonne unter. Und selbst nach Sonnenuntergang sind die Straßen in der sommerlichen Stadt noch belebt. Neben den zahlreichen musikalischen Highlights im baltischen Sommer, über die wir bereits berichteten, bietet die Stadt dieses Jahr ein vielseitiges Kunst und Kulturprogramm. Denn es gibt etwas zu feiern: Das Land schaut stolz auf 100 Jahre Unabhängigkeit zurück. Wenn das nicht ein Grund ist, die Vielfalt und Kunstszene des Landes ausgefallen zu feiern!

Osteuropas zeitgenössische Kunst

Zum neunten Mal bereits findet dieses Jahr vom 07. – 10. Juni die ArtVilnius statt, die größte Messe für zeitgenössische Kunst aus dem Großraum Osteuropa. Es nehmen mehr als 50 Galerien teil, 200 Künstler stellen ihre Werke aus und insgesamt, werden 20 Länder repräsentiert. Darunter Polen, Estland, Däemark, Russland und die Ukraine. Aber auch die USA, Italien und Frankreich sind mit Künstlern vertreten. Die diesjährige Ausstellung ist auch thematisch dem Unabhängigkeitsjubiläum gewidmet und rück die lebendige Kunstszene der baltischen Staaten in den Vordergrund. Klassische Kunst wie Gemälde werden ausgestellt, aber auch moderne Kunstformen wie Performancekunst sind dabei.

Mehr sehen in der Dunkelheit 

„Darkness reveals more“ – das ist das Motto der diesjährigen Culture Night am 15. Juni in Vilnius. Eine Nacht lang werden in den Straßen und Plätzen alle Lichter ausgeschaltet und Besucher werden dazu eingeladen in der Dunkelheit Kultur und Kunst zu genießen. Mehr als 200 Projekte füllen die Straßen, Parks und Plätze mit Musik, Tanz, Theater, Kino, Fotografie und anderen spannenden Kunstformen. Für das Event werden etwa 100.000 – 150.000 Besucher erwartet. Ein klares Zeichen dafür, dass sich ein kleiner Abstecher nach Litauen im Juni garantiert lohnt.

Musiksommer in Litauen: Startschuss mit dem Kaunas Jazz Festival

Mit dem dieses Wochenende in der zweitgrößten Stadt Litauens stattfindenden Kaunas Jazz Festival wird nicht nur der litauische Musiksommer voller Events und Festivals eingeläutet, der Festivalsonntag fällt dieses Jahr auch mit dem „Internationalen Tag des Jazz“ am 30. April zusammen.

Jazz auf der Straße

Das jährlich stattfindende Festival wurde 1991 von einer kleinen Gruppe litauischer Jazz-Enthusiasten ins Leben gerufen. Seitdem hat es die Jazz- und Kulturszene Litauens stark geprägt, welche bis dato aus ökonomischen und politischen Gründen immer noch limitiert war. Mittlerweile hat das Jazzevent internationalen Bekanntheitsgrad erlangt: Musiker aus über 20 Staaten treten jedes Jahr in den über 10 verschieden Spielorten in der ganzen Stadt auf. In seiner 27-jährigen Geschichte traten bereits Szenegrößen wie Elvin Ray Jones, Al Di Meola und Charles Lloyd auf.

Und auch dieses Jahr verwandelt sich die 30.000 Einwohner Stadt Kaunas vom 27. bis 30. April in einen bunten Ort der Musik und kultureller Vielfalt. Neben den Hauptspielorten, die aus Open Air Bühnen und Konzerthallen bestehen, finden viele Konzerte auch in den Kirchen und Synagogen von Kaunas statt. Auf der Laisves Allee, die während des Festivals zur „Jazzstraße“ transformiert, werden außerdem kleine kostenlose Konzerte und Kunstaktionen den Jazzliebhabern geboten. Star des diesjährigen Festivals ist die britische Soul und Rhythm and Blues Sängerin Laura Mvula, die am Abschlussabend die Festivalbesucher in ihren Bann ziehen wird.

Doch das Kaunas Jazz Festival ist nicht das einzige Musikhighlight Litauens: Tatsächlich gibt das Event in Kaunas den Startschuss für einen Sommer voller Musik – ein Grund mehr für eine Reise in den baltischen Staat. Das maritime Klima sorgt für einen warmen Sommer. In der Hauptstadt Vilnius findet beispielsweise am 19. Mai der Street Music Day statt und füllt die Straßen mit Kunst und Musik. Die Blues Nights „Bliuzo Naktys“ locken immer am ersten Juliwochenende Musikbegeisterte an den Lūkstas-See in Varniai. Litauens größtes Sommerfestival, das Christopher Summer Festival, startet am 1. Juli mit einem Konzert im Botanischen Garten der Universität Vilnius und endet erst zwei Monate später Ende August. Während des Festivals finden 50 Konzerte in und um die Hauptstadt statt.

Street Art: Die litauischen Straßen sprechen lassen

Litauen ist für seine künstlerische Ader bekannt. Vor allem hinsichtlich Volkskunst, Skulpturen und den bekannten Webereien. Was jedoch deutlich weniger bekannt ist, ist die äußerst begabte Street Art Szene in Litauen. Vor allem in Vilnius und Kaunus sind die Szenerien an Hauswänden, Mauern und Straßenwänden immer vielfältiger geworden. Was manch einer als Schmiererei, Sachbeschädigung oder einfach Vandalismus bezeichnen würde, ist in Wahrheit eine Untergrund-Kunstszene, die die Straßen zum Sprechen bringen möchte. Sie wollen die Fußgänger mit ihren riesigen Graffitis zum Innehalten und Nachdenken bringen. Zum Kommunizieren mit ihrer Umgebung.

Street Art Graffiti

Street Arts und Graffitis bestimmen das Bild vieler Städte.

Street Art in Kaunas

Das Straßenbild von Kaunas wird von mehreren großen Murals geprägt: Wohl am bekanntesten ist das Mural „The old Wiseman“, das von dem Kollektiv Gyva Grafika stammt. Auf 440 Quadratmetern ist ein alter Mann in rotem Schlafanzug, schwarzer Brille und riesiger Pfeife zu sehen.

Wo früher mal eine Brieftaubenstation stand, von der aus etliche Nachrichten in Kriegszeiten in die ganze Welt verschickt wurden, thront nun ein Mural namens „He and She“ von der Künstlerin Gražvydos Andrijauskaitės, das eine männliche und weibliche Taube auf farbenfrohem, gemustertem Hintergrund darstellt. Es soll ein Symbol für Freundschaft und Einheit sein und heitert nebenbei das allgemeine Straßenbild auf. Ebenso berühmt ist das Abbild einer Kinderzeichnung, die ein buntes Pferd zeigt, drum herum farbenfrohe Süßigkeiten und Blumen. Diese Kinderzeichnung nimmt eine gesamte Hauswand ein.

Street Art Festival

2013 bekam diese neuartige Kunstform mit schlechtem Ruf endlich die Anerkennung, die sie auch verdient: Es fand zum ersten Mal das Vilnius Street Art Festival statt, an dem unterschiedliche Künstler auf legale Weise ihre großflächigen Kreationen anbringen und ausstellen konnten. Das Festival soll seitdem jedes Jahr stattfinden und erfreut sich großer Beliebtheit. Street Art gibt es in Litauen nicht nur in Form von Graffiti: Auch kleine Skulpturen, die an Wänden angebracht sind, Blumentöpfe, die kreativ umgestaltet wurden oder Gegenstände, die in Kunstwerke eingebaut wurden, lassen die litauischen Straßen mehr erzählen von der Geschichte und Gedanken der Menschen, dir dort leben.

Filmfestival in Berlin: Litauisches Kino Goes Berlin

Seit 2011 holt das LTKino Festival litauische Filme auf deutsche Leinwände. Vom Litauischen Kulturministerium gefördert möchte das Festival Bewusstsein für litauische Kultur schaffen und natürlich die besten Filme einem deutschen Publikum präsentieren.

Organisiert und kuratiert wird die Veranstaltung von der in Berlin lebenden Litauerin Giedre Simanauskaite. Vom 2. – 6. November findet in und um das Sputnik Kino, das ACUD Kino und das B-Flat ein breit gefächertes Programm statt. Neben den Filmvorführungen werden Interessierte zu Konzerten, Workshops und einer Party eingeladen. Im Sputnik Kino werden außerdem in der Ausstellung „Other Parallel of the Story“ Werke der litauischen Künstlerin Kristina Suvorova gezeigt.

Politische und persönliche Themen

Kernprogramm des Festivals sind vier Spielfilme. In „Frost“ von Sarunas Bartas geht es um ein junges Paar, das im Rahmen einer Hilfslieferung mit den Betroffenen des Ukraine Konflikts in Kontakt kommt. „Seneca´s Day“ beschäftigt sich mit dem Ende und den Folgen der sowjetischen Ära. In „The Saint“ erschafft Andrius Blazevicius das Portrait eines Mannes, der mit den Folgen der Wirtschaftskrise kämpft und „Together For Ever“ erkundet komplexe Familiendynamiken. Das Kurzfilmprogramm ist mit dokumentarischen, fiktiven, experimentellen und animierten Beiträgen breit aufgestellt. Im Kurzfilmwettbewerb wird am Sonntag, 5. November, ein Publikumspreis verliehen. Bei der Baltischen Kurzfilmnacht „After Dark“ am Freitag, 4. November, sind auch die Baltischen Nachbarstaaten Estland und Lettland vertreten. Tickets kosten je nach Vorstellung zwischen 7 € und 10 €.

Der Festival Sommer ruft – Das Christopher Summer Festival in Vilnius

Bereits zum dreiundzwanzigsten Mal wird Litauens Hauptstadt für zwei Monate zum musikalischen Schmelzpunkt im Baltikum. Noch bis Ende August finden an verschiedenen Veranstaltungsorten über 40 Konzerte statt.

Frei nach dem Motto „all genres are good, except the boring ones“ bietet das Christopher Summer Festival in und um Vilnius über Juli und August Besuchern ein vielfältiges ProgVilniusramm musikalischer Künste. Ziel ist es, Musikern aus aller Welt eine Möglichkeit zu bieten, sich uneingeschränkt von Konventionen in kreativer Atmosphäre auszuleben. Für diesen Ansatz wurde das Festival mit dem EFFE Label (Europe for Festivals, Festivals for Europe) ausgezeichnet, das für künstlerische Qualität, Innovation und Integration der lokalen Bevölkerung vergeben wird.

 

Von Klassik zu experimenteller Musik

Mit vielfältigen musikalischen Events möchten die Veranstalter ein breites Spektrum von Besuchern aller Altersgruppen ansprechen. Nach dem Prinzip Festivals im Festival sind die Konzerte auf verschiedene Locations, zum Beispiel die barocke Kasimir-Kirche, den botanischen Garten der Universität Vilnius, das Vytautas Kasiulis Kunstmuseum oder den Park von Taujenai, verteilt. In dieser einzigartigen, historischen Atmosphäre werden unter anderem Klassik, Jazz, Weltmusik, experimentelle Projekte, traditionelle Orgel- und Klavierkonzerte oder Flamenco dargeboten. Nur auf dem Christopher Festival der baltischen Hauptstadt treffen sich der Weltmeister im Beatboxen, brasilianische Rhythmen, Tango und Musical. Die Preise variieren je nach Event zwischen 9 Euro und 60 Euro, so dass sich auch für jeden Geldbeutel ein passendes Konzert findet.

Volkstanz auf der Bühne

Heute muss man beim Begriff „Volkstanz“ zwischen den ursprünglichen und den für die Bühne geschaffenen Formen unterscheiden. Bühnentänze, die für die Aufführung vor Publikum gedacht sind, unterliegen ganz anderen Kriterien als die tatsächlich im Volk entstandenen Tänze. Die Choreografie folgt ästhetischen Gesichtspunkten, die Tänzer sind oftmals im klassischen Ballett ausgebildet, Tempo und Rhythmus schneller, die Schritte und Melodien komplizierter. Oft stimmt nur noch der Name eines Tanzes mit der ursprünglichen Form überein. Dies verwässert die Volkstanzkultur und führt immer wieder zu ernsthaften Diskussionen: Sollte man versuchen, die Tänze in ihrer Ursprungsform zu erhalten, oder ist es legitim, dass Choreografen sie weiterentwickeln?

Die Beantwortung dieser Frage bleibt allein den Ausführenden überlassen und hängt vor allem vom Publikumsgeschmack ab. Die beiden Lager sind gleich stark vertreten. Es gibt etwa fünfhundert Folklore-Ensembles, die die Tänze so aufführen, wie sie von ihren Eltern und Großeltern überliefert wurden, und ebenso viele Bühnentanzgruppen. Beide organisieren Veranstaltungen und Auftritte und nehmen an nationalen und internationalen Festivals teil, wenn sie die Reisekosten aufbringen können. Auch beim World Lithuanian Song Festival (einem alle vier Jahre stattfindenden litauischen Volksmusikfestival) sind unter den 35.000 Teilnehmern immer beide Richtungen vertreten.

Litauische-Tanz-Geschichte
Den ersten schriftlichen Hinweis auf baltische Musik findet man gegen Ende des 9. Jahrhunderts.
Der angelsächsische Reisende und Händler Wulfstan berichtete, dass die Balten bei Beerdigungen Musik spielten.

Die verschiedenen Tanzformen
Litauische Volkstänze lassen sich in vier Gruppen einteilen:
polyfonische Gesangstänze, Ring- oder Kreistänze, Tanzspiele und freie Tänze.

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