Bildhauerei

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Litauische Holzschnitzerei (c) llkc.lt

Bis heute ist die Holzschnitzerei eine der beliebtesten Formen der Volkskunst. Bis zur russischen Besatzung handelte es sich dabei ausschließlich um sakrale Kunst, deren Motive aus dem katholischen Kanon entlehnt wurden. Den Holzschnitzern auf dem Lande dienten Bilder in Gesangbüchern, Heiligenbilder und Kirchenskulpturen als Vorlage, oder sie arbeiteten nach schriftlichen Quellen wie der Bibel, Heiligengeschichten und Kirchenliedern. So entstanden Tausende von bemalten Statuen, deren Gesichter die ganze Bandbreite menschlicher Gefühle zeigen. Sie reichen in der Größe von 20 bis 150 cm und wurden auf Wegkreuzen und in Schreinen aufgestellt. Die beliebtesten Motive waren Christus, die Jungfrau Maria und Heilige. Christusstatuen zeigen oft das Leiden Christi in Kreuzigungsszenen. Die am häufigsten dargestellten Heiligen sind Johannes Nepomuk, Johannes der Täufer, der heilige Georg, der heilige Anton, Isidor, St. Agnes, St. Barbara und St. Anna. Daneben gibt es zwanzig weitere, seltenere Heiligenmotive. Eine eigene Gruppe bilden die traditionellen Kreuzweg-Skulpturen, die man in Dorfkirchen und Kapellen fand.

Diesem blühenden Kunstzweig wurde durch die russische Besatzung Mitte des 20. Jahrhunderts ein Ende gesetzt. Viele Statuen, Wegkreuze und Schreine wurden zerstört, andere verfielen oder wurden in Museen gebracht. Einige überlebten in ihrer natürlichen Umgebung und sind bis heute zu sehen. Während der Besatzungszeit befasste sich die Bildhauerei in der Volkskunst mit weltlichen Motiven wie Arbeit, Alltag, Feiertage und Folklore (hier besonders Sagen- und Märchenhelden), Mythologie, Volkskunde, russischen Elementen und Krieg. Diese Skulpturen brachen mit der Tradition und zeigten zum Beispiel auch humoristische und satirische Züge oder Hexen und Teufel. Sie wurden auch nicht mehr bemalt, weil die Künstler die Schönheit des Holzes selbst zur Geltung bringen oder ihre Figuren expressiv gestalten wollten. Eine große Anzahl der in den fünfziger bis siebziger Jahren geschaffenen Figuren fallen künstlerisch gegenüber dem Vorkriegswerk ab, doch brachte auch diese Epoche einige große Künstler hervor. Dazu gehört Lionginas Šepka, der weiterhin sakrale Themen umsetzte und viel mit Ornamenten arbeitete. Eine Dauerausstellung seiner Werke ist im Rokiškis Museum für regionale Völkerkunde zu sehen. A. Mockus und S. Riauba schufen interessante Naturszenen, später zeigte I. Užkurnys sein Talent.

Die Heiligen in Holz aus der Region Telsiai
Die Heiligen in Holz aus der Region Telsiai (c) llkc.lt

Nach der Wiedergeburt von Litauen 1988 gab es keine künstlerischen Einschränkungen mehr, und es entstanden viele sakrale und weltliche Schnitzereien. Auch katholische Motive wurden wieder aufgenommen. Manche Künstler kopierten traditionelle sakrale Werke, anderen schufen Interpretationen davon.

I. Užkurnys und V. Valiukevičius, G. Dudaitis und R. Butkuvienė, A. Jusevičius und A. Skiesgilas, A. Petrulis und A. Tarisius, K. Nemanis und L. Perekšlis bilden nur eine kleine Auswahl der zeitgenössischen, talentierten Künstler und Kunsthandwerkern, die die traditionelle Volkskunst aufgreifen, mit Leben füllen, weiterführen und in die moderne Kunstszene integrieren.

Steinskulpturen waren in Litauen nicht so häufig wie Holzbildhauerei, doch es gab und gibt einige Werke, die meisten davon in Kunsthallen. Statuen unter freiem Himmel haben meistens Gedenkcharakter. Bekannte zeitgenössische Steinbildhauer waren J. Liaudenskis und J. Adomaitis, beide sind jedoch bereits verstorben. Viele junge Steinbildhauer schaffen sich derzeit mit Ausstellungen einen Namen.

Grafiken

Eine besonders verbreitete Art der Volkskunst ist der Holzschnitt, der im 19. Jahrhundert seine Blütezeit vor allem in Samogitien erlebte, weshalb man oft vom samogitischen Holzschnitt spricht.

Radierungen sind in der litauischen Volkskunst selten zu finden und erregten daher sofort die Aufmerksamkeit von Forschern und Kunstexperten, die ihren großen Wert erkannten.

Während der Besatzungszeit befasste sich die Bildhauerei in der Volkskunst mit weltlichen Motiven wie Arbeit, Alltag, Feiertage und Folklore, Mythologie, Volkskunde, russischen Elementen und Krieg.

Volkskunst

Die traditionelle litauische Volkskunst entstand in den ländlichen Gegenden, wo Gebrauchsgegenstände für den Alltag durch reiche Verzierung oft zu Kunstgegenständen wurden. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lösten sich Volkskunst und Kunsthandwerk – bedingt durch politische und gesellschaftliche Veränderungen – vom ländlichen Raum. Heute gibt es auch in den Städten viele Volkskünstler und Kunsthandwerker, die zur städtischen Kultur- und Kunstszene beitragen. Im Allgemeinen haben sie jedoch kein akademisches Kunststudium absolviert, und ihre Werke weisen einen Bezug zum traditionellen Brauchtum auf.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es in allen Bereichen der Volkskunst Veränderungen in Stil, Design, Farbe, Form, Funktion u.a. Dies lag zum Teil an den veränderten Lebensbedingungen und der Einführung der Massenproduktion, die das Kunsthandwerk beeinflusste, aber auch an den Auswirkungen der russischen Besatzung. Einige kunsthandwerkliche Gegenstände, wie geschnitzte Spindeln, Handtuchhalter und Werkzeuge zur Flachsverarbeitung, verloren ihren Alltagsnutzen und wurden zu reinen Dekorationsgegenständen. Während der russischen Besatzung galt traditionelles Kunsthandwerk aber auch als Mittel, die nationale Identität zu wahren, und so haben alle Bereiche der Volkskunst auf die eine oder andere Weise bis heute überlebt.

Auch in der Volkskunst unterscheidet man zwischen bildenden und angewandten Künsten. Zur ersten Gruppe gehören Malerei und Grafik, die neuere Technik der Collage, Bildhauerei und die eng damit verwandte litauische Sonderform der Wegkreuze und Schreine. Zur zweiten Gruppe zählen Holz-, Metall-, Keramik-, Bernsteinarbeiten und anderes Kunsthandwerk. Auch die jahreszeitlich und rituell geprägten kunsthandwerklichen Dekorationsgegenstände wie Ostereier, Masken, Weihnachtsschmuck etc. zählen dazu.

Die ersten Ausstellungen mit Volkskunstwerken gab es Ende des 19. Jahrhunderts, diese fanden jedoch nur regional und oft im Rahmen von Volksfesten statt. Anfang des 20. Jahrhunderts waren die ersten Werke wie Webereien, Holzarbeiten und Skulpturen in Ausstellungen im Ausland zu sehen, gaben einen Einblick in die litauische Kultur und zogen Fachleute und Interessierte an. So war litauische Volkskunst auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900, auf der Tilsiter Messe 1905 und auf der Russischen Messe für Kleinkunst 1913 vertreten. 1908 gab es in Berlin eine eigene Ausstellung für litauische Volkskunst. Auch zwischen den beiden Weltkriegen, als Litauen unabhängig war, nahm es an Ausstellungen in Monza / Italien, Paris / Frankreich und Skandinavien teil. Auch innerhalb Litauens fanden zahlreiche Ausstellungen statt, die teilweise vom Landwirtschaftsministerium organisiert wurden. Diese Möglichkeit, ihre Werke zu präsentieren, ermutigte Volkskünstler und schuf eine Verbindung zwischen der akademischen und der traditionellen Kunst.

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm diese Entwicklung noch zu, sodass es in den neunziger Jahren jährlich über 200 verschiedene regionale, überregionale und private Volkskunst-Ausstellungen gab, eine davon zum Beispiel im Rahmen des Litauischen Song Festivals. Während der russischen Besatzung führte das Zentrum für Volkskunst mehrere Ausstellungen durch, die zeitgenössisches Kunsthandwerk historischen Stücken aus Museen gegenüberstellten, darunter handgewebte Stoffe, Spinnwerkzeug und Zeichnungen.

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