Litauische Lieder, die regionalen Unterschiede

Einige Liedthemen findet man in ganz Litauen. Dazu gehören die Hochzeitslieder, die landesweit am populärsten sind. Manche von ihnen haben über 1000 aufgezeichnete Varianten. Auch Kinder- und Feierlieder sowie Stücke über die Jugend, die Liebe oder die Familie sind landesweit beliebt. Im Allgemeinen unterscheiden sich jedoch die Themen und Gesangstechniken nach den verschiedenen Liedtypen und ethnischen Regionen.

Dzūkija (Südlitauen) weist von allen Landesteilen das größte Liedgut mit vielen Themen und Melodievarianten auf. Mit wenigen Ausnahmen stammen die einzigen noch bekannten Kalenderjahrlieder von hier. Besonders in Süddzūkija kennt man noch heute außergewöhnlich viele Advents- und Weihnachtslieder. Aus dem kleinen Gebiet des östlichen Dzūkija stammen viele Lieder zur Fastnacht, zum Feiertag des Heiligen Georg und zum Schunkeln, ebenso wie archaische antifonische Lieder, die als Wechselgesang von zwei Gruppen vorgetragen werden.

Einstimmige (oder heterofone) Lieder und Soli kommen in ganz Dzūkija vor. Der Sologesang wird dabei durch seine Individualität bestimmt: Eine Melodie kommt in vielen Varianten vor, da jeder Sänger neue Melodienbögen hinzufügt und das Lied immer wieder anders interpretiert. So sind zum Beispiel Klagelieder zu Hochzeiten und Beerdigungen traurige, lang gezogene Improvisationen. Auch die später aufgekommenen zweistimmigen Lieder haben ihren Ursprung in Dzūkija. Einzigartig für diese Region ist die Vielfalt an Tonarten. Außer im bekannten Dur und Moll tauchen hier auch Stücke in phrygischer Tonart und anderen alten, so genannten griechischen Tonarten auf.

Die regionalen Unterschiede im litauischen Liedgut (c) llkc.lt

Die regionalen Unterschiede im litauischen Liedgut (c) llkc.lt

In Ostlitauen (Aukštaitija) ist das Liedgut nicht so umfassend wie in Dzukija, doch auch hier gibt es mehrere regional einzigartige Varianten. Vor allem sind zwei Arten von mehrstimmigen Liedern typisch, die jedoch Jahrhunderte auseinanderliegen. Die uralten sutartinės kommen nur im Nordosten Aukštaitijas vor, wo sie bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts noch gesungen wurden. Die neueren zweistimmigen Lieder mit einfachen Rhythmen, Takten und in Durtonarten sind dagegen heute noch beliebt. Im Nordwesten der Region, die auch für ihr köstliches Bier berühmt ist, sind die valiavimai zu Hause. Hierbei handelt es sich um Lieder zur Heuernte, die von Männern gesungen werden. Außerdem haben Begleitlieder zur Flachsverarbeitung und mitreißende Trinklieder hier ihren Ursprung.

In der kleinsten ethnischen Region Suvalkija (Südwestlitauen) kennt man vor allem den zwei- und dreistimmigen Gesang, der dem in Aukstaitija ähnelt. Doch haben hier auch einige alte einstimmige Lieder überlebt, die mehr Gemeinsamkeiten mit dem Liedgut in Dzukija und Ostpreußen haben.

Die Bodenständigkeit und Langsamkeit, die man den Westlitauern nachsagt, spiegelt sich auch in ihrem Liedgut. Die Lieder in Žemaitija (Westlitauen) ähneln mit ihren Durtonarten und der Zweistimmigkeit zwar denen in Aukstaitija, doch sind ihre Rhythmen komplizierter, unstrukturierter und holprig wie die Sprache der Einwohner. Die Melodien klingen lang gezogen und manchmal chromatisch, außerdem enthalten sie oft Vorschlagsnoten. Daher ist es fast unmöglich, den wahren Charakter dieser Lieder in Notenschrift festzuhalten. In Žemaitija deckt das Liedgut nur wenige Themen ab und zeichnet sich durch überwiegend monolithische Melodien aus.

Obwohl Litauen aus vier ethnischen Hauptregionen besteht (Aukštaitija, Žemaitija, Dzūkija und Suvalkija), muss die Unterregion Kleinlitauen wegen ihres eigenständigen Liedguts gesondert erwähnt werden. Die hier lebenden evangelischen Lietuvininkai waren viele Jahrhunderte lang vom katholischen Litauen abgeschnitten, weil die Deutschen diesen kleinen Landstrich von Zemaitija um die Stadt Klaipeda herum erobert und Preußen zugeschlagen hatten. Dadurch entwickelte sich eine eigenständige, asketische Lebensweise, die geprägt war von der lutheranischen Religion und der Abhängigkeit vom Meer.

Auch in den Liedtexten, die von Fischern, Booten und dem Meer handeln, sowie in den klagenden einstimmigen Melodien spiegelt sich das harte Leben der Küstenbewohner wider. Leider gingen diese Lieder vor langer Zeit verloren und können nur durch Sammlungen aus dem 19. Jahrhundert rekonstruiert werden. Ihre Melodien sind erstaunlich subtil, ruhig und frei gestaltet, immer wieder tauchen unerwartete Tonartenwechsel und chromatische Elemente auf. Oft ist die Tonart nicht eindeutig, und im Variantenreichtum der Tonarten stellen die Lieder dieser Region sogar das Liedgut in Dzûkija in den Schatten. Im Stil ähneln die Melodien den der anderen Hauptregionen, woraus man schließen kann, dass diese Formen früher viel weiter verbreitet waren. Allerdings hört man in den Liedern Kleinlitauens auch deutlich den deutschen Einfluss.

In der Beschreibung der reichen Vielfalt litauischer Volkslieder bezogen wir uns hauptsächlich auf Lieder, die in der Vergangenheit aufgezeichnet wurden und bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts im Alltag gesungen wurden. Im ländlichen Litauen erinnern sich noch viele ältere Leute sehr gut an dieses traditionelle Liedgut, und noch heute werden die Lieder zu besonderen Anlässen gesungen und von Ethnografen aufgezeichnet und dokumentiert. Ländliche Folkloregruppen nehmen sie gern in ihr Repertoire auf, und Volksmusikliebhaber in den Städten lernen sie begeistert und singen sie nach. Auf diese Weise erhalten die Lieder auf Festivals und bei Feiern neues Leben.

Aukštaitija

TRACHTEN IN AUKŠTAITIJA
Frauenkleidung im 19. Jahrhundert

Frauenkostüme in Aukštaitija
Frauen-Trachten in Aukštaitija (c) llkc.lt

Hemden:
Lang; aus Leinen; tunika-artige Form mit Schulterriegel; Ärmel mit Manschetten oder trompetenförmig, mit roten Mustern

Röcke:
Lang, weit und am Bund gefältelt. Aus Leinen mit roter Borte; für festliche Anlässe bevorzugt aus Wolle, dann vierfarbiges Schottenkaro mit rot und grün als Hauptfarben und lila und gelb für Akzente. Bei besonderen Anlässen wurden zwei Röcke übereinander getragen, die Unterröcke waren aus einfacherem Material und nur an der hervorschauenden Borte gemustert. Bei der Arbeit oder auf der Straße wurde der obere Rock (der bessere) hochgeschlagen und in den Bund gesteckt.

Schürzen:
Wichtigster Teil der Frauentracht, es galt als unschicklich, ohne Schürze in der Öffentlichkeit zu erscheinen. Aus weißem Leinen mit dekorativen roten und blauen Webmusterstreifen am unteren Saum. Schürzenstoff aus älterer Zeit war in einfachem Leinenschlag gewebt, später auch in Damastmustern. Die geometrischen rot-weißen Ornamentmuster gehen auf die Steinzeit zurück.

Frauendetail in Aukštaitija
Frauen-Kostüm-Detail der Trachten in Aukštaitija (c) llkc.lt

Mieder:
Besonders dekorativ, vor allem in den Farben Gold, Silber, Grün und Rot. Gefertigt aus handgesponnener Wolle oder Wollmischgewebe, mit kleinem Streifen-, Bogen- oder Blattmuster. Noch beliebter für Korsetts waren teure, gekaufte Stoffe wie Brokat, Seide, Samt und Damast. Miederformen folgten dem Barock, Rokoko und späteren Modeeinflüssen Westeuropas. Manchmal mit gold- oder silberfarbenen Borten. Dekorative Metallschlaufen zum Schnüren vorn. Schnürung mit schmalen Bändern oder Metallkettchen. Möchten sie eine Partnervermittlung in Litauen kontaktieren? Hier finden sie interessante Infos über Frauen aus Litauen.

Schuhwerk:
Von örtlichen Schustern aus selbst gegerbtem Leder gefertigt.
Alltagsschuhwerk waren nagines (Lederschuhe ohne Sohle) und vyžos (geflochtene Bastschuhe), nur die Armen trugen diese auch zu besonderen Anlässen. Unter nagines und vyžos wurden weiße Fußwickel getragen, die von schmalen, gewebten (im 19. Jahrhundert vorwiegend geflochtenen) Kniebändern (apyvaros) gehalten wurden. Apyvaros hatten einfache Muster in grün, rot, gelb und schwarz. Unter Lederschuhwerk mit Sohlen trug man, je nach Jahreszeit, handgestrickte Leinen- und Wollsocken.

Frauenkopfbedeckung / Detail in Aukštaitija
Frauenkopfbedeckung in Aukštaitija (c) llkc.lt

Kopfbedeckungen:
Für junge Mädchen: Haubenborte – ein schweres, breites Kopfband aus gold- oder silberartigen Fäden auf steifem Seidengewebe. Es wurde im Nacken überkreuzt und befestigt. Eine bescheidenere Variante war die hohe geflochtene Krone aus Bändern, Spitzen und Perlen. Sowohl an Haubenborte als auch an Krone konnten breite Seidenbänder befestigt werden. Sonderformen für spezielle Anlässe, zum Beispiel die kalpokas für Bräute, die am oberen Rand mit künstlichen Blumen geschmückt war.

Für verheiratete Frauen: Wimpel, ein mittelalterlicher Kopf- und Halsschleier, der bis zum Ende des 19. Jahrhunderts getragen wurde. Aus hauchdünnem und schneeweißem Leinen, verziert mit schmalen roten Musterstreifen, Fransen oder Klöppelspitze am Rand. Einfachere Alltagsform war die Haube aus Netzspitze, weißem oder farbigem Stoff, manchmal auch Brokat.

Accessoires:
Halsketten aus Silberperlen, auch Korallen- und Bernsteinketten. Ärmere Bäuerinnen trugen rote oder bunte Glasperlenketten.

Überkleidung:
Gefilzte Wolltunikas (sermega) in verschiedenen Längen, mit schwarzen Streifen oder Samtbesätzen. Im Alltag war ein Wolltuch wichtig, das man über den Schultern und manchmal auch über dem Kopf trug. Dünnere Leinen- oder Seidenschultertücher zu besonderen Gelegenheiten.

Männerkleidung im 19. Jahrhundert

Graue, braune oder naturfarbene gefilzte Wolltunika (sermega). In Ost-Aukštaitija rundum in der Taille gefältelt, in West-Aukštaitija nur im Rücken oder an den Seiten. Lange Hosen aus ähnlichem Material. Hemden für besondere Gelegenheiten in der Form wie Frauenhemden mit Schulterriegel, aber weniger verziert, da sie nicht unter der Tunika vorschauten. Besonders beliebte Hutform war der magierka, ein Filzhut mit schmaler, aufgeschlagener Krempe und Hutband, unter das man Blumen und Federn steckte. Handgewebtes oder gekauftes Halstuch.

Milch

Die Litauer trinken Milch und saure Milch, weißen damit Suppe, machen Quark, Käse, Butter daraus. Milchprodukte erfreuen sich in ganz Litauen großer Beliebtheit. Gewisse Milchprodukte sind jedoch typische Spezialitäten gewisser Regionen:

Die Bewohner der Aukštaitija mögen besonders Gerichte mit Quark, in der Žemaitija wird eine besondere Art Butter, der Kastinys aus Butter, saurer Sahne und Gewürzen hergestellt.

Einige Milchrezepte aus dem Buch „traditionelle litauische Rezepte“. Mit freundlicher Genehmigung vom Verlag baltos lankos.

Frisch gezapft, ist Milch ein Stück Lebenskraft
Milch von glücklichen Kühen aus Litauen. (c) llkc.lt

QUARKRÖLLCHEN

Virti varskeciai

400 g Quark

1 Tasse Mehl

2 Eier, verquirlt

100 g Butter

100 g saure Sahne

Salz

Eier, Mehl und Salz mit dem Quark verrühren. Kleine, fingerdicke Röllchen formen und 5–10 Minuten in Salzwasser kochen. Die Röllchen können auch in heißem Öl goldbraun gebraten werden. Gekochte Röllchen mit einer Soße aus zerlassener Butter und saurer Sahne servieren. Gebratene Röllchen mit Zucker bestreuen und heiß oder kalt essen.

LITAUISCHER QUARKKÄSE

Lietuviškas varškes sūris

8 1 natürlich gesäuerte Milch

1/2 Tasse Kümmel

Salz

Gefäß mit saurer Milch in warmes Wasserbad geben und vorsichtig erhitzen, bis die Milch gerinnt und der Quark aufsteigt. Quark auf ein mit einem Leinentuch ausgelegtes Sieb geben. Wenn die Molke abgeflossen ist, Kümmel zugeben, salzen, mischen. Gewürzten Quark in einen feuchten Leinenkäsesack geben und 10–12 Stunden beschweren. Quarkkäse kann frisch gegessen oder getrocknet werden.

SCHMANDBUTTER

Kastinys

11 saure Sahne

1 TL Butter

1/2 Tasse Kümmel

Salz

Butter und 1 EL saure Sahne in einem Tongefäß in warmem Wasserbad geben und mit einem Holzlöffel rühren. Kurz vor dem Austritt der Buttermilch wieder 1 EL saure Sahne zugeben, weiterrühren. So fortfahren, bis der gesamte Sauerrahm verbraucht ist. Die Schüssel aus dem heißen Wasser nehmen. Wenn die Masse fester wird, Kümmel und Salz gut unterrühren. Kastinys in kleine Schalen geben und 2–3 Stunden kühlstellen.

Der Kastinys hat einen leicht salzigen, leicht säuerlichen Geschmack, je nach Gewürzen. In der Žemaitija wird der Kastinys mit vielen verschiedenen Kräutern und Gewürzen wie Minze, Piment, Knoblauch, Mohnsamen oder Frühlingszwiebelgrün verfeinert. Serviert wird er zu Pell- und Salzkartoffeln, Schwarz- und Weißbrot.

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